Werk ohne Schöpfer:in? Urheberrechtlicher Schutz an durch KI generierten Medien 

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verfasst von Victor Monsees

Durch künstliche Intelligenz (KI) generierte Medien entwickeln sich zunehmend zu einem ernstzunehmenden Wirtschaftsfaktor[1]. Eindrucksvolles Beispiel für diese Entwicklung, ist das „Portrait of Edmond de Belamy“ des Künstlerkollektivs Obvious[2].

Um dieses zu schaffen, programmierte die Gruppe einen GAN-Algorithmus (Generative Adversarial Networks), bestehend aus einem Generator und einem Diskriminator. Aufgabe des Generators war es, basierend auf einem Datensatz von 15.000 Portraits des 14. bis 20. Jahrhunderts, künstliche Portraits mit möglichst entsprechenden Merkmalen zu generieren. Aufgabe des Diskriminator war es hingegen, diese künstlichen Portraits von den echten des Datensatzes zu unterscheiden. Durch eine Rückkopplungsschleife zwischen diesen beiden gegeneinander laufenden Netzwerken, wurde der Algorithmus trainiert, möglichst „natürliche“ (und damit dem Datensatz ähnelnde) Portraits zu kreieren. Eines der resultierenden Bilder wurde ausgewählt, signiert und dann 2018 im Rahmen einer Auktion des Auktionshauses Christie’s für 432.000 USD versteigert. Der erzielte Preis entsprach dem über 45-fachen des Schätzwerts. Damit stellt sich zunehmend die Frage nach der rechtlichen Urheberschaft der durch KI generierten Medien, da diese eine wichtige Bedingung für die wirtschaftliche Verwertbarkeit darstellt. 

Eine Frage der Rechts-Persönlichkeit

Kann ein durch KI generiertes Werk also urheberrechtlich geschützt werden und wenn ja zu wessen Gunsten? Denkbare Rechtsinhaber:innen wären der/die Programmierer:in, der/die Verwender:in der Algorithmen oder sogar der Algorithmus selber. Gemäß § 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) genießt „der Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ Schutz. Generiert ein Algorithmus einen Text, eine Tonfolge oder eben ein Bild, so handelt es sich nach der beispielhaften Liste der Werkarten des § 2 Abs. 1 UrhG bereits objektiv um ein geschütztes Werk. Nach § 2 Abs. 2 UrhG gilt dies jedoch nur, wenn es sich dabei auch um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handelt, denn das Urheberrecht schützt vornehmlich die „persönlichen Leistungen“ des (menschlichen) Schöpfers[3]. Einem Algorithmus fehlt es aber nach derzeit geltendem Recht an einer eigenen Rechtspersönlichkeit, mithin kommt er nicht als „persönlicher Schöpfer“ eines Werkes infrage[4]. Blieben noch die hinter der KI stehenden Menschen – also die Programmierer:innen oder Anwender:innen als Schöpfer:innen. Dabei ist nach der Art der verwendeten KI zu differenzieren. 

KI zur Unterstützung des kreativen Schöpfungsakts

Sich bei einem Schöpfungsprozess technischer Hilfsmittel zu bedienen, steht einer Anerkennung als „persönlicher schöpferischer Leistung“ nicht im Weg. Vielmehr stellen sie oft das prägende Element des Werkcharakters da (Pinsel zur Schaffung eines Gemäldes, Kamera zur Schaffung eines Fotos). Handelt es sich bei der Anwendung der KI also lediglich um ein technisches Hilfsmittel des kreativen menschlichen Prozesses, so ist weiter zu differenzieren. 

Werden die wesentlichen kreativen Gestaltungsentscheidungen bereits abschließend durch die Codierung des Algorithmus von dem/der Programmierer:in vorgenommen, so kann ihm/ihr auch ein Urheberrecht zustehen. Denn in diesem Fall stellt die Gestaltung des Programms an sich, bereits eine „persönliche schöpferische Leistung“ da, welche sich in dem entstehenden Werk vorhersehbar niederschlägt. Ist hingegen die kreative Auswahl der Daten, welche dem Algorithmus als Grundlage des Ergebnisses dient, überwiegend entscheidend für das resultierende Werk, kann stattdessen auch ein Urheberrecht des/der Anwender:in entstehen. Der Algorithmus ist in diesem Fall lediglich Verarbeitungsmedium im klassischen Sinne (ähnlich den sog. Sammelwerken i.S.d § 4 Abs. 1 UrhG wie z.B. Collagen oder Datenbankwerken).

KI zur Automatisierung des kreativen Schöpfungsakts

Dient die KI wie in den vorherigen Beispielen lediglich als technisches Medium, welches aufgrund von kreativem menschlichem Input einen vorhersehbaren Output erzeugt, so ist bereits fraglich, ob es sich tatsächlich um „künstliche Intelligenz“ handelt (bzw. was diese dann von „gewöhnlichen“ Programmen unterscheidet). Spätestens jedoch, wenn alle wesentlichen Gestaltungsentscheidungen von dem Algorithmus getroffen werden, ohne dass diese vorher von dem/der Programmierer:in oder dem/der Anwender:in abschließend prognostiziert werden können, entfernt sich das Resultat zunehmend aus der menschlichen Kontrollierbarkeit. Zwar schafft der Mensch durch Programmierung des Algorithmus bzw. Auswahl der zugrundeliegenden Daten kausal abschließend die Bedingungen für das spätere Ergebnis – wie dieses jedoch konkret aussehen wird, bleibt vorher unbekannt[5]. Eine „persönliche“ menschliche Leistung i.S.d § 2 Abs. 2 UrhG liegt damit, wie bei einem Zufallsexperiment, nicht mehr vor. Urheberrechtlich kommt es zu einem Werk ohne „Schöpfer:in“[6]

Ausblick

Da also unter Umständen durch KI generierte Werke keinem Urheberrechtsschutz unterliegen, ergeben sich Unsicherheiten, welche Investitionen in den KI-Sektor hemmen können. Wie aber ist die Frage nach dem/der Urheber:in zu lösen? Sollte der konkrete Algorithmus eine (dem/der wirtschaftlichen Auftragsgeber:in zurechenbare) Rechtspersönlichkeit erhalten? Sollte das Werk trotz der fehlenden schöpferischen Leistung dem/der Programmierer:in oder dem/der Anwender:in zugesprochen werden? Oder sollte es vielleicht sogar im Sinne der Wissenschaftsfreiheit von privaten Rechten unberührt bleiben? 

Diese Fragen zu beantworten, obliegt der Wissenschaft und Politik. November 2022 ist die Veröffentlichung einer Beschlussfassung für die sich im Entwurf befindliche EU KI-Verordnung geplant[7] .Ob diese dem durch KI generierten Werk eine:n Schöpfer:in geben wird, bleibt abzuwarten. 

Fazit

Mangels eigener Rechtspersönlichkeit erlangen Algorithmen keinen Urheberrechtsschutz bezüglich der von ihnen generierten Werke. Ob die Programmierer:innen oder Anwender:innen der Algorithmen an den Werken Urheberrechte erlangen können, richtet sich im Besonderen nach der Vorhersehbarkeit der Ergebnisse und in wie fern sich in diesen noch konkrete menschliche Gestaltungsentscheidungen niederschlagen. Ist der Output eines Algorithmus für seine:n Schöpfer:in unvorhersehbar und nicht mehr Resultat von konkreten menschlichen Gestaltungsentscheidungen, so können daran nach geltendem Recht keine Urheberrechte bestehen. Die Klärung daraus resultierender Rechtslücken obliegt der Legislative.


[1] PwC-Studie; Künstliche Intelligenz in Unternehmen, 2019

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Portrait_of_Edmond_de_Belamy (https://www.youtube.com/watch?v=Pu2GZ3du7PI)

[3] Eisenmann /Jautz / Wechsler Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 11. Auflage, S. 13, Rn. 26.

[4] Dreier / Schulze Urheberechtsgesetz Kommentar, 7. Auflage, S. 96 Rn. 8.

[5] So wussten die Schöpfer des Portraits „Edmond de Belamy“ zwar das sich die Elemente des Bildes in der Varianz der Portraits des Datensatz bewegen würden, welche davon aber am Ende gemeinsam das Bild ergeben würden, war vorher unmöglich zu bestimmen.

[6] An dem Code des Algorithmus selbst kann der/die Programmierer:in Urheberrechte erlangen. Auf das resultierende Werk wirkt sich dies jedoch nicht aus.

[7] Gesetz über Künstliche Intelligenz (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52021PC0206 )


Ãœber den Autor
Victor hat in Passau Jura studiert und absolviert derzeit einen Master in Legal Technology an der University of Law. Zudem arbeitet er als Venture Manager für das neu gegründete Legal Tech Colab. In seiner Freizeit, widmet er sich vor allem dem Hobbybrauen.

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