Die juristische Ausbildung in Deutschland ist traditionell geprägt von Dogmatik, Methodentreue und systematischer Strenge – doch in Zeiten digitaler Disruption genügt das allein nicht mehr. Längst verlangen Kanzleien, Unternehmen und öffentliche Institutionen nach Personen mit juristischer Qualifikation, die nicht nur rechtlich argumentieren, sondern auch digitale Prozesse verstehen und mitgestalten können. Künstliche Intelligenz, automatisierte Vertragsanalysen, algorithmengestützte Entscheidungssysteme oder Smart Contracts sind in der rechtlichen Praxis keine Zukunftsthemen mehr – sie sind Realität.
Trotzdem bleibt die Digitalisierung im klassischen Jurastudium häufig marginalisiert. Umso wichtiger sind spezialisierte Masterprogramme, die den Brückenschlag zwischen Recht und Technologie leisten. Sechs Universitäten zeigen dabei beispielhaft, wie eine moderne, zukunftsgewandte juristische Qualifikation gelingen kann.
Universität Regensburg – LL.M. Legal Tech
Der Regensburger Studiengang richtet sich an Personen mit juristischer Vorbildung und erster Berufserfahrung, die sich nicht nur theoretisch mit dem digitalen Wandel des Rechts befassen möchten, sondern konkrete technische Umsetzungskompetenzen erwerben wollen. Vermittelt werden Kenntnisse im IT-, Datenschutz- und Arbeitsrecht, ergänzt durch Inhalte wie Künstliche Intelligenz, Big Data, Cybercrime, E-Commerce und FinTech. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der praktischen Anwendung: In Kleingruppen werden eigene juristische Softwaretools konzipiert und programmiert – etwa Chatbots zur Mandatskommunikation oder automatisierte Vertragserstellungstools. Wer juristisches Denken mit unternehmerischer Kreativität und technischer Neugier verbinden möchte, findet hier ein konsequent praxisnahes Format.
Mehr Informationen zum Studiengang:
legaltech-ur.de/ueberblick-llm-legal-tech/
Universität zu Köln – LL.M. Recht der Digitalisierung
Das Kölner Modell richtet sich an rechtswissenschaftlich qualifizierte Absolventinnen und Absolventen, die sich strategisch mit der Digitalisierung der Rechtsordnung auseinandersetzen wollen. Der Studiengang bietet eine solide Grundlagenausbildung zu Algorithmen, Logikstrukturen und dem Aufbau des Internets und verbindet diese mit vertieften Modulen zum Medien-, Datenschutz- und Wettbewerbsrecht. Die Lehre ist klar auf Praxisnähe ausgerichtet: Externe Referent:innen aus der Justiz, dem Legal Tech-Start-up-Umfeld und der Unternehmenspraxis ermöglichen frühzeitige Einblicke in digitale Arbeitsformen. Wer sich künftig als Berater:in im Spannungsfeld zwischen Recht, Technologie und Wirtschaft versteht, wird von der klaren Ausrichtung auf Transformationsfragen profitieren.
Mehr Informationen zum Studiengang:
https://legal-tech.de/ll-m-recht-der-digitalisierung-universitaet-koeln/
Universität Passau – LL.M. Rechtsinformatik
Der Passauer Studiengang ist besonders geeignet für technikaffine Personen mit juristischer Ausbildung, die sich methodisch und strukturell mit digitalen Technologien befassen wollen, ohne tiefgehende Programmierkenntnisse mitbringen zu müssen. Vermittelt werden Grundlagen der Softwareentwicklung, IT-Sicherheit, Datenschutz und digitaler Infrastruktur – stets mit Blick auf die juristische Bewertung konkreter Anwendungsfälle. Darüber hinaus werden Kompetenzen zur rechtlichen Begleitung und Mitgestaltung von Automatisierungsprozessen vermittelt – etwa im Kontext smarter Vertragsgestaltung oder digitaler Verwaltungsverfahren. Dank des flexiblen Lehrformats eignet sich das Programm auch für Berufseinsteigende und Referendar:innen mit Interesse an Legal Engineering oder eGovernment.
Mehr Informationen zum Studiengang:
uni-passau.de/rechtsinformatik/
Universität Würzburg – LL.M. Digitalization and Law
Dieser berufsbegleitende Studiengang richtet sich an Personen mit juristischer Qualifikation, die sich gezielt in den Bereichen IT-Recht, Legal Tech, Künstliche Intelligenz und Informatik weiterbilden möchten. Besonders ansprechend ist der integrative Ansatz: Neben dem akademischen Titel „LL.M.“ erwerben Teilnehmende zugleich den theoretischen Teil der Fachanwaltsqualifikation für IT-Recht gemäß § 14k FAO. Inhaltlich deckt das Programm sowohl klassische Rechtsfragen (z. B. Datenschutz, Vertragsrecht, digitale Geschäftsmodelle) als auch techniknahe Themen wie Maschinenethik oder Grundlagen der Informatik ab. Wer sich in einer zunehmend digitalisierten Rechtslandschaft fachlich profilieren und Mandate mit Technologiebezug souverän begleiten möchte, erhält hier eine fundierte Ausbildung mit klarer Praxisorientierung.
Mehr Informationen zum Studiengang:
jura.uni-wuerzburg.de/ll.m./
Universität des Saarlandes – LL.M. Informationstechnologie und Recht
Saarbrücken bietet einen dezidiert interdisziplinären Studiengang, der sich sowohl an juristisch qualifizierte als auch an technisch oder wirtschaftlich vorgebildete Personen richtet. Die Besonderheit liegt in der integrativen Didaktik: Teilnehmende mit juristischer Vorbildung erwerben Grundlagen der Informatik, während technisch orientierte Teilnehmende in die juristische Methodik eingeführt werden. In den anschließenden Wahlpflichtmodulen – etwa zu Künstlicher Intelligenz, Plattformregulierung oder Internet Governance – treffen beide Gruppen in gemeinsamer Projektarbeit aufeinander. Das Programm eignet sich besonders für alle, die an der Schnittstelle zwischen Recht und Technik arbeiten oder als kommunikative Schnittstelle zwischen Entwicklungsteams und juristischer Beratung fungieren möchten.
Mehr Informationen zum Studiengang:
rechtsinformatik.saarland/de/studium-und-weiterbildung/llm-it-und-recht
Hochschule Wismar – LL.M. Legal Tech (Online)
Der Wismarer Studiengang ist vollständig digital organisiert und richtet sich an Fachkräfte mit wirtschaftsrechtlichem Hintergrund, die Legal Tech-Anwendungen verstehen, bedienen und mitgestalten wollen. Die inhaltliche Spannweite reicht von Grundfragen des Vertrags- und Wirtschaftsrechts über technische Grundlagen bis hin zur praktischen Entwicklung von Legal Tech-Lösungen wie Dokumentengeneratoren, Vertragsassistenten oder Legal Bots. Durch seinen modularen Aufbau und die vollständig digitale Durchführung eignet sich das Studium ideal für berufsbegleitend Studierende – etwa für Personen in Kanzleien, Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung, die bestehende Prozesse systematisch digitalisieren möchten.
Mehr Informationen zum Studiengang:
https://www.wings.hs-wismar.de/de/fernstudium_master/legal_tech/
Fazit:
Die Digitalisierung des Rechts ist kein disruptiver Ausnahmezustand, sondern ein kontinuierlicher Transformationsprozess. Wer juristisch tätig ist – ob in Kanzlei, Gericht, Unternehmen oder Verwaltung – muss zunehmend digitale Kompetenzen mitbringen: zum Verständnis technischer Zusammenhänge, zur Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen, zur Anwendung digitaler Werkzeuge. Die hier vorgestellten Masterprogramme zeigen exemplarisch, wie sich juristische Ausbildung innovativ, interdisziplinär und praxisnah gestalten lässt. Für alle mit juristischer Qualifikation und Interesse an technischen Entwicklungen eröffnen sich dadurch nicht nur neue Kompetenzfelder, sondern auch konkrete Chancen, den rechtlichen Diskurs der digitalen Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Über den Autor
Luis Hettrich (luis.hettrich@ml-tech.org) ist ehrenamtlich als Chief Editor bei MLTech tätig und studiert Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Über den Redakteur
Albert Hans Möller (albert.moeller@ml-tech.org) ist ehrenamtlich als Vorstand bei MLTech tätig und studiert Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Allgemeine Anregungen oder Anfragen zum Blog gerne an: blog@ml-tech.org.