Get to know Markus Hartung!

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Get to Know Markus Hartung!

 

Als einer der Wegbereiter von Legal Tech im deutschen Rechtsmarkt war und ist Markus Hartung seit vielen Jahren in den unterschiedlichsten Bereichen tätig und treibt damit das Thema Legal Tech gleich an mehreren Fronten voran. Ob als ehemaliger Managing Partner einer internationalen Großkanzlei, als Gründer und langjähriger Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession, Lehrbeauftragter an der Bucerius Law School, Gründer von The Law Firm Companion, einer Unternehmensberatung für Anwaltskanzleien oder zuletzt nun auch als geschäftsführender Gesellschafter seiner auf Arbeitsrecht spezialisierten Legal Tech Kanzlei Chevalier: Bei Markus Hartung dreht sich fast alles um Legal Tech. Wir haben uns mit ihm über seine jahrelangen, facettenreichen Erfahrungen und über seinen Musikgeschmack unterhalten!

 

MLTech: Kürzlich waren Sie einer der Sachverständigen zum Thema Modernisierung des Rechtsdienstleistungsrechts im Bundestag. Wie sehr steht die derzeitige Rechtslage einer Modernisierung entgegen? 

Markus Hartung: Also – schon sehr. Sowohl die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) wie das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) stammen aus der alten Welt und gehen davon aus, dass es Rechtsrat nur durch die Anwaltschaft gibt, von ein paar Ausnahmen einmal abgesehen. Innovative Rechtsdienstleister, die Rechtsuchenden mit softwarebasierten Systemen kosten- und risikofreie Angebote unterbreiten wollen, waren da nicht vorgesehen. Verbraucher von heute (und von morgen) erwarten aber genau das, und sie wünschen sich ein differenziertes Angebot: Zum Anwalt geht man, wenn man wirklich einen Anwalt und einen anwaltlichen Rat braucht, aber wenn es um die Durchsetzung standardisierter Ansprüche geht und einem auch ein Dienstleister wie z.B. Flightright helfen kann, schnell und ohne Risiko, dann ist völlig klar: Lieber den (günstigen) Dienstleister als den (teuren) Anwalt. Der Rechtsmarkt und heutige Verbraucherbedürfnisse bieten Platz und ausreichend Geschäft für alle. Aber die Gesetze stammen wie gesagt aus der alten Welt, und die Anwaltschaft hat schon die Sorge, der Konkurrenz nicht gewachsen zu sein. Das ist ein ganz schön dickes Brett, was da gebohrt werden muss.

 

MLTech: Wenn Sie morgen genau eine Änderung am anwaltlichen Berufsrecht durchsetzen könnten, welche wäre diese und wieso?

Markus Hartung: Die eine Änderung gibt es vermutlich nicht. Ich fände es super, wenn der Reformvorschlag des DAV umgesetzt würde, dann wären wir einen großen Schritt weiter (Anwaltsblatt Online 2020, DAV-Vorschlag zur großen BRAO Reform). Es reicht aber nicht. Denn: Eine moderne und innovative Anwaltschaft braucht andere Finanzierungsmöglichkeiten als heute. Das heutige sog. „Fremdbesitzverbot“ (ein völlig beknackter Begriff), das die Unabhängigkeit der Anwaltschaft schützen soll, bevorzugt in Wirklichkeit große finanzstarke Kanzleien und benachteiligt den Rest – das sind tausende von kleinen und mittleren Kanzleien, geradezu das Rückgrat der Anwaltschaft. Die sind alleine gelassen und können zusehen, wie sie Investitionen stemmen. Wie man die so benachteiligen kann, ist das Geheimnis der Verbandsvertreter. Vielleicht sollten die mal eher auf den Nachwuchs hören: Denn was die Münchner Studierenden zur Reform des Berufsrechts veröffentlicht haben (Anwaltsblatt Online 2020, 28 – Die Ohnmacht der Anwaltschaft im Bereich Legal Tech), war schon sehr cool.

 

MLTech: Mehrere Jahre waren Sie Managing Partner einer internationalen Wirtschaftskanzlei. Welche Erfahrungen konnten Sie dabei mit dem Thema Legal Tech im Ausland sammeln und wo sehen sie den Stand des deutschen Rechtsmarkts im internationalen Vergleich?

Markus Hartung: Als ich 1999 Managing Partner einer der größten deutschen Kanzleien wurde (seit 1998 war ich da bereits für die IT zuständig), befassten wir uns mit der Einführung von E-Mails, der bundesweiten Vernetzung von Standortservern und dann dem „Y2K-Bug“ (das war der „Year 2000-Bug“; damals bestand die Sorge, dass die Datumsziffer „00“ weltweit die Computersysteme abstürzen lassen würde). Von Legal Tech war nicht die Rede. Als die Sozietät dann global wurde, ging es um weltweit integrierte E-Mail-Systeme, Intranets und um Dokumentenmanagement – bitte bedenken Sie: Es gab keine Cloud, also arbeiteten wir an Systemen, mit den Linklaters-Partner und Mitarbeiter weltweit auf jedes Dokument zugreifen konnten, egal an welchem Standort es erstellt worden war. Aus heutiger Sicht erinnert das an Gaslicht, damals war es hochinnovativ. Seit der Zeit kenne ich Richard Susskind – er war Berater von Linklaters, wir teilten uns in London ein Büro. Insgesamt haben die deutschen Kanzleien vom Zusammenschluss gerade mit englischen Kanzleien sehr profitiert, denn die waren ungleich viel innovativer. Das ist heute noch so.

 

MLTech: Bis 2019 waren Sie Direktor des Bucerius Center on the Legal Profession (CLP) an der Bucerius Law School. Wie wird das Thema Legal Tech dort behandelt?

Markus Hartung: In aller Unbescheidenheit muss man wohl sagen, dass unser Center das Thema Legal Tech in Deutschland überhaupt auf die Agenda gebracht und populär gemacht hat. Es war die Herbsttagung 2015, auf der wir das Thema umfassend behandelt haben, und danach ging es los. Wir haben viele Veröffentlichungen geschrieben, Vorträge gehalten, Seminare veranstaltet, Kanzleien beraten und an der Entwicklung des digitalen Curriculums der Bucerius Law School mitgewirkt. Bucerius und Legal Tech gehören einfach zusammen. Inzwischen geht es über das reine Legal Tech hinaus, das Center befasst sich sehr eingehend mit der digitalen Transformation und der Veränderung der juristischen Arbeit sowie der Entwicklung neuer Berufsbilder, mit neuen Anforderungen an die juristische Ausbildung, mit Diversity und vielem mehr – nicht immer so spektakulär wie Legal Tech, aber für Kanzleien und Unternehmen, die sich mit den Mühen der Veränderung befassen müssen, sehr wichtig.

 

MLTech: Wie setzen Sie Legal Tech in ihrer Kanzlei Chevalier ein und was unterscheidet Sie dadurch von einer herkömmlichen Anwaltskanzlei, die sich auf Arbeitsrecht spezialisiert hat?

Markus Hartung: Bei Chevalier bearbeiten wir ausschließlich Arbeitsrecht für Arbeitnehmer. Software setzen wir ein, um die Arbeitsabläufe vom ersten Mandantenkontakt bis zum Abschluss des Mandats zu unterstützen und weitgehend zu automatisieren. Unsere Anwälte können sich komplett auf unsere Mandanten und deren Probleme konzentrieren. Außerdem werten wir unsere Falldaten und die Daten vieler anderer Arbeitsrechtsfälle aus, um Muster zu erkennen, was uns wiederum helfen wird, Ergebnisse von Fällen, wenn nicht vorherzusagen, so aber doch genauer zu prognostizieren. Schließlich arbeiten wir an Self Service-Tools für Mandanten und andere Rechtsuchende, die bestimmte Rechtsfragen klären oder etwa ihre Arbeitsverträge durch eine Software überprüfen lassen können. Wir haben noch viele Ideen und kommen mit unseren Ressourcen nicht hinterher, wie immer. Was unterscheidet uns? Unsere Mandanten merken nicht so viel von Technik, sollen sie auch nicht, die haben als gekündigte Arbeitnehmer andere Sorgen. Uns erleben sie als Kanzlei, in der immer jemand zu sprechen ist und in der man besser betreut wird als woanders. Und intern: Wir arbeiten immer in gemischten Teams und fragen uns dauernd, wie wir noch besser werden können. Sehr herausfordernd! Aber unsere Mitarbeiter*innen egal in welcher Funktion schätzen diese Art der Arbeit sehr, und das merken wiederum unsere Mandanten.

 

MLTech: Ihr Instagram Name lautet MC Hartung, klingt wie der Name eines DJs: Welche Musik hören Sie am liebsten?

Markus Hartung: Als DJ die Menschen zum tanzen zu bringen, das könnte mir auch gefallen. Aber am liebsten höre ich klassische Musik, und meine Kinder versorgen mich mit ihren aktuellen Playlists, die ein ziemlich weites Spektrum abdecken. Sehr aufregend! Früher habe ich noch selber musiziert in Band und Orchester, aber wie es so oft ist… aber die Liebe zur Musik ist geblieben.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Hartung!

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