Am 16. Mai 2025 war es endlich so weit: Die Tagung „Herausforderungen im Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht im Zeitalter der Digitalisierung“, organisiert von der Munich Legal Tech Student Association e. V. (MLTech) in Kooperation mit Start Right e. V., fand in den Räumlichkeiten der Ludwig-Maximilians-Universität München statt.
Den feierlichen Auftakt gestaltete Julia Yesil, ehemalige Vorstandsvorsitzende von MLTech. In ihrer Begrüßung hieß sie die zahlreichen hochkarätigen Gäste willkommen und skizzierte mit klaren Worten das diesjährige Leitthema: die Herausforderungen der Digitalisierung für das Kapitalgesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Zugleich formulierte sie den Anspruch von MLTech, den digitalen Wandel rechtlich aktiv mitzugestalten.
MLTech vernetzt als interdisziplinäre Initiative juristischen Nachwuchs mit Fachleuten aus Wirtschaft und IT – mit dem Ziel, die rechtlichen Rahmenbedingungen der digitalen Transformation mit Fokus auf Legal Tech weiterzuentwickeln.
Mit einem Zitat von Gustav Radbruch eröffnete Louisa Rähse, Vorstandsmitglied von Start Right e. V., den inhaltlichen Teil der Tagung:
„Recht ist Wille zur Gerechtigkeit. Gerechtigkeit aber heißt: Ohne Ansehen der Person richten, an gleichem Maße alles messen.“
Der Gedanke gesellschaftlicher Verantwortung durchzieht die Arbeit von Start Right – einer studentischen Rechtsberatung für soziale Initiativen und gemeinwohlorientierte Gründungen. Wie Louisa Rähse betonte, liegt der Fokus des Vereins auf der Verbindung von Gesellschaftsrecht und sozialem Engagement. Über 120 Jurastudierende entwickeln dort rechtliche Lösungen für Non-Profits und Start-ups. Während MLTech technologische Rechtsinnovationen vorantreibt, bringt Start Right gesellschaftsrechtliche Expertise ein – ein Zusammenspiel, das auch die gemeinsame Tagungsorganisation ermöglichte. Rähse hob hervor, Ziel sei es, Unternehmertum und Digitalisierung aus rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Perspektive sichtbar zu machen – mit der Tagung als Plattform für Austausch und Vernetzung.
Da Justizminister Georg Eisenreich kurzfristig verhindert war, übernahm Dr. Thomas Ermer, Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium der Justiz, das Grußwort. Digitalisierung sei kein bloß technisches Phänomen, so Ermer, sondern ein tiefgreifender Wandel der Rechtsordnung. Die Strategie des Ministeriums bringe dies auf den Punkt:
„Verstehen – Nutzen – Regulieren.“
Nur wer Technologie durchdringe, könne sie sinnvoll nutzen und rechtlich gestalten – ein Ziel, das auch die Digitalisierungsabteilung des Ministeriums verfolge.
Ermer nannte Chancen digitaler Innovationen im Gesellschaftsrecht: automatisierte Abläufe, effizientere Hauptversammlungen, verbesserter Zugang zum Recht – besonders für KMU. Doch bleibe die Einhaltung rechtlicher Sorgfaltspflichten zentral: Verantwortung, Haftung und Kontrolle müssten auch im digitalen Raum gewährleistet sein. Mit Blick auf Smart Contracts, digitale Wertpapiere und EU-Digitalisierungsrichtlinien betonte Ermer: Juristinnen und Juristen müssten den Wandel aktiv mitgestalten – mit technischer Kompetenz und juristischer Weitsicht. Veranstaltungen wie diese leisteten dazu einen entscheidenden Beitrag.
Den thematischen Auftakt gestaltete Prof. Dr. Rüdiger Veil (LMU München) und dankte MLTech und Start Right für ihr Engagement. Die Digitalisierung verändere das Finanz- und Gesellschaftsrecht grundlegend – mit Chancen, aber auch rechtlichem Klärungsbedarf. Anhand von Blockchain und KI zeigte Veil, dass Fragen zu Eigentum, Haftung und Verantwortung neu gedacht werden müssen. Innovation brauche technologische Offenheit – und zugleich klare rechtliche Rahmenbedingungen. Ein Beispiel sei die EU-Verordnung DORA, die Finanzunternehmen zur digitalen Resilienz verpflichtet. Verstöße, etwa bei sensiblen Gesundheitsdaten, könnten strafrechtlich relevant werden. Auch der Einsatz von Deepfakes und KI-Inhalten werfe neue Haftungsfragen auf. Veil rief dazu auf, den digitalen Wandel aktiv mitzugestalten: Nicht nur Antworten seien gefragt – sondern die richtigen Fragen.
Durch die folgenden Vorträge moderierte Clemens Hufeld, Mitgründer von MLTech. Mit Abschlüssen in Jura, Informatik und Anglistik sowie seiner Tätigkeit als Legal-AI-Experte bei Noxtua steht er exemplarisch für die Verbindung von Recht, Technik und Innovation. Mit Expertise und Charme leitete er über zu einer der ersten hochkarätigen Sprecherinnen des Tages: Prof. Dr. Katja Langenbucher, Professorin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der Goethe-Universität Frankfurt und Verwaltungsratsmitglied der BaFin. Sie eröffnete ihren Vortrag zum Thema: „Aufsichtsstrukturen an Finanzmärkten unter der KI-Verordnung“.
Prof. Dr. Katja Langenbucher eröffnete ihren Vortrag mit einem internationalen Vergleich der KI-Regulierung: China verfolgt einen staatsnahen Ansatz, die USA setzen auf Selbstregulierung, während die EU mit ihrer KI-Verordnung einen Mittelweg wählt – ähnlich wie bei der DSGVO, die weltweit Standards setzte. Im Fokus stand der risikobasierte Ansatz der Verordnung: Verbotene Anwendungen wie Social Scoring sind untersagt, Hochrisiko-Systeme streng reguliert. Geringe Risiken erfordern Transparenz, minimale Risiken bleiben ausgenommen. Die Kontrolle erfolgt ex-ante durch Anbieter und ex-post durch Behörden und das neue EU-AI-Office. Zentral war Langenbuchers Analyse der verfassungsrechtlichen Spannungen: Die geforderte „völlige Unabhängigkeit“ der Aufsicht (Art. 70) steht im Konflikt mit dem Demokratieprinzip. Neue Behörden müssten dennoch an die demokratische Legitimation rückgebunden sein. Als mögliche Aufsichtsinstanzen diskutierte Langenbucher u. a. BNetzA, BaFin und BfDI – keine biete bislang eine vollständige Lösung. Denkbar sei eine unabhängige Digitalbehörde mit sektoraler Ergänzung.
Ihr Fazit: Die Umsetzung der Verordnung erfordert institutionelle Klarheit und europäische Kohärenz – nicht als Innovationsbremse, sondern als Rahmen für verantwortungsvolle KI.
Der zweite Speaker des Tages war Rupert Schaefer, LL.M., Exekutivdirektor für Strategie, Policy und Steuerung bei der BaFin. In seinem Vortrag „KI im Finanzsektor: Perspektive und Prioritäten der BaFin“ stellte er dar, wie KI den Finanzsektor transformiert, welche Rolle die BaFin dabei einnimmt und welche Herausforderungen die KI-Verordnung mit sich bringt. Zu Beginn zog Schaefer einen eindrucksvollen Vergleich: Die sieben größten US-Techkonzerne verfügen über eine Marktkapitalisierung von rund 18 Billionen US-Dollar, während der gesamte DAX 30 nur 2,1 Billionen erreicht. Dies verdeutliche die wirtschaftliche Macht digitaler Technologien und die regulatorische Herausforderung.
Der Vortrag gliederte sich in drei zentrale Fragen:
1.Wie nutzen Unternehmen KI?
Die BaFin legt weniger Wert auf eine enge technische Definition, sondern auf die Risiken der Technologie, etwa Datenqualität, Nachvollziehbarkeit und Erklärbarkeit. KI sei bereits breit im Einsatz, etwa in der Transaktionsüberwachung, Compliance oder Kundenkommunikation.
2. Wie nutzt die BaFin KI?
Als Beispiel nannte Schaefer den „RAGulator“, ein KI-System zur strukturierten Aufbereitung regulatorischer Informationen.
3. Was bedeutet die KI-Verordnung für Unternehmen und Aufsicht?
Die Verordnung verpflichtet Unternehmen zur Klassifizierung von KI-Systemen, zur Anpassung der Kontrollprozesse und zur Einhaltung von Transparenzpflichten. Gleichzeitig muss die BaFin ihre Kompetenzen ausbauen und die Zusammenarbeit mit nationalen und europäischen Behörden stärken.
Zum Abschluss betonte Schaefer, dass technologische Innovationen die menschliche Verantwortung nicht ersetzen. Eine zukunftsfähige Finanzaufsicht müsse stets ethisch reflektiert und verantwortungsbewusst handeln.
Im Anschluss folgte ein kurzes Diskussionspodium, bei dem Fragen zur Ausgestaltung der KI-Aufsicht, zur internen Kompetenzverteilung bei der BaFin sowie zur Rolle Europas im globalen Regulierungswettbewerb gestellt wurden. Prof. Langenbucher zeigte sich dabei skeptisch, ob Europa angesichts geopolitischer Spannungen einen „Brüssel-Effekt“ erzielen kann.
Nach einer kurzen Pause folgte der Vortrag „Cyberresilienz im Finanzsektor: Strafrechtliche Risiken unter DORA“ von Prof. Dr. Konstantina Papathanasiou, LL.M., Professorin für Wirtschaftsstrafrecht, Compliance und Digitalisierung an der Universität Liechtenstein, die per Liveschaltung zugeschaltet war. Sie stellte den Digital Operational Resilience Act (DORA) vor, der seit dem 17. Januar 2025 für Finanzintermediäre in der EU und ab dem 1. Februar 2025 im EWR gilt. DORA adressiert die zentrale Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) für die Verfügbarkeit und Integrität von Finanzdienstleistungen und schließt regulatorische Lücken. Ziel ist es, Finanzunternehmen gegen Cyberangriffe zu wappnen und den Betrieb auch im Störfall aufrechtzuerhalten. Ein wichtiger Punkt war die Unterscheidung zwischen Cybersicherheit und Cyberresilienz: Während Cybersicherheit den Schutz von Daten und Netzwerken vor Angriffen beschreibt, geht Cyberresilienz darüber hinaus und sichert die Fortführung wesentlicher Dienstleistungen auch bei Störungen. Cyberresilienz ergänzt technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen als präventive Schutzmaßnahme. Besonders betonte Papathanasiou die Rolle präventiver Compliance. Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten erfüllen, interne Kontrollsysteme etablieren und branchenspezifische Standards wie ISO-Zertifizierungen einhalten. Für Vorstände stellt sich die Frage nach Haftungsrisiken bei erfolgreichen Cyberangriffen.
DORA gilt für ein breites Spektrum an Finanzinstituten, darunter Kreditinstitute, Zahlungsdienste, Krypto-Anbieter, Versicherungen und weitere. Die Verordnung umfasst fünf zentrale Säulen: IKT-Risikomanagement, Behandlung und Meldung von IKT-Vorfällen, Tests der operationellen Resilienz, Management von Risiken durch IKT-Drittanbieter sowie Informationsaustausch. Ziel ist eine einheitliche Regulierung im EWR zur Stärkung der Cyberresilienz des Finanzsektors.
Der Vortrag von Prof. Dr. Florian Möslein, LL.M. (London), Professor für Zivilrecht sowie deutsches und europäisches Wirtschaftsrecht, behandelte das Thema „Künstliche Intelligenz, Blockchain & Co: Braucht das Kapitalgesellschaftsrecht ein digitales Update?“. Er zeigte, wie Digitalisierung nicht nur Produkte, sondern auch Arbeitsprozesse, Vertragsbeziehungen und Kommunikation grundlegend verändert – insbesondere im Kapitalgesellschaftsrecht. Technologien wie Blockchain, KI und digitale Plattformen stellen neue rechtliche Herausforderungen dar. Möslein erläuterte die EU-Richtlinie 2019/1151, die digitale Werkzeuge im Gesellschaftsrecht fördern soll, und hob Konflikte bei elektronischer Beurkundung, virtuellen Hauptversammlungen und Kryptowährungsfinanzierungen hervor. Ein zentraler Punkt war der Einsatz von KI in Unternehmensleitungen: Nach aktuellem Recht sind nur natürliche Personen zulässig, doch die Rolle von „Robo-Direktoren“ und KI-Delegationen wird intensiv diskutiert.
Er zeigte, wie digitale Plattformen wie Uber und AirBnB traditionelle Unternehmensmodelle verändern und nannte Beispiele für den Einsatz von KI in der Finanzplanung, etwa beim Unternehmen Uniper. Zum Thema Blockchain erklärte Möslein dezentrale Kassenbücher, Krypto-Token und Smart-Contracts, wies aber auf das Fehlen eines umfassenden Tokenrechts und die daraus resultierenden Unsicherheiten hin. Neue Möglichkeiten, etwa digitale Aktienausgabe per Token, sind vielversprechend, erfordern aber regulatorische Anpassungen. Besonders spannend sind Decentralized Autonomous Organizations (DAOs), die klassische Gesellschaftsformen durch Smart-Contract-Netzwerke ersetzen könnten. Die rechtliche Einordnung ist komplex, da formale Anforderungen und Pseudonymität zu Herausforderungen führen.
Abschließend betonte Möslein, dass Digitalisierung, KI und Blockchain das Kapitalgesellschaftsrecht grundlegend verändern und umfassende Reformen nötig sind – vor allem in Bezug auf Rechtsfähigkeit, Entscheidungsverantwortung und Governance digitaler Systeme.
In der anschließenden Diskussion wurden Fragen zum verpflichtenden KI-Einsatz, strafrechtlichen Aspekten, der Rolle des Aufsichtsrats und der Umsetzung der EU-Verordnung DORA erörtert. Auch die Idee einer KI mit eigener Rechtsfähigkeit („E-Person“) blieb kontrovers.
Nach der Mittagspause präsentierte Prof. Dr. Philipp Maume, Professor für Bank- und Kapitalmarktrecht an der TUM, seinen Vortrag „Social Media, KI und Marktmanipulation“.
Er startete mit einem Tweet von Donald Trump als Beispiel, wie einfache Social-Media-Posts Märkte bewegen können. Maume erläuterte die klassische Marktmanipulation gemäß Art. 12 MAR und MiCAR, insbesondere die Verbreitung falscher oder irreführender Informationen mit Wissen um deren Falschheit. Ein Sonderfall ist „Scalping“, bei dem Personen durch öffentliche Stellungnahmen Kurse beeinflussen – zwar ohne Täuschung, aber Interessenkonflikt, ohne diesen offenzulegen. Am Beispiel des GameStop-Phänomens zeigte er, wie Reddit- und YouTube-Diskussionen einen „short squeeze“ auslösten, wobei unklar ist, ob EU-Recht hier Marktmanipulation erfasst. Die Anonymität und Reichweite sozialer Medien erschweren die Rechtsdurchsetzung, verstärkt durch KI-gestützte Fälschungen wie Deepfakes, die etwa falsche CEO-Statements ermöglichen. Bayer etwa versucht, solche Gerüchte frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen, nachdem CEO Bill Anderson Deepfake-Opfer wurde. Mögliche Maßnahmen umfassen Handelsunterbrechungen, eingeschränkte Leerverkaufsverbote und Gegen-Ad-hoc-Mitteilungen von Emittenten. Eine Überwachung sozialer Medien durch Unternehmen oder Intermediäre ist jedoch rechtlich nicht vorgesehen und aufgrund der Komplexität fraglich. Soziale Netzwerke sind erst bei Kenntnis rechtswidriger Inhalte zu Löschungen verpflichtet (DSA). Nationale Aufsichtsbehörden stoßen angesichts grenzüberschreitender Manipulationen an ihre Grenzen, was eine EU-weite Konsolidierung der Aufsicht nahelegt. Das Auswirkungsprinzip erleichtert aber die Durchsetzung. Blockchain könnte Echtheitszertifikate für Medien liefern, allerdings bleibt die Widerlegung von Fälschungen schwierig. Effektiver sei es, Verkäufer von Deepfakes anzugehen. Zum Abschluss diskutierte Maume, wie Verifizierung gestärkt und der Herdentrieb durch Bildung und Aufklärung vermindert werden kann.
Christian Bindl, Leiter der Rechtsabteilung bei Siemens Healthineers, bot den letzten Vortrag der Tagung auf: „Alles was Recht ist – Digitalisierung, Regulierung und Transformation bei Siemens Healthineers“ ab. Er betonte die enorme Bedeutung des Unternehmens im Gesundheitssektor, das stündlich weltweit Produkte für rund 220.000 Menschen bereitstellt. Siemens Healthineers deckt ein breites technologisches Spektrum ab und nimmt eine führende Rolle im globalen Gesundheitsmarkt ein. Die Rechts- und Compliance-Abteilung umfasst 535 Mitarbeiter, darunter 268 Juristinnen und Juristen aus über 46 Nationen. Sie befindet sich inmitten einer digitalen Transformation mit einer Roadmap bis 2026, die unter anderem den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, automatisiertes Vertragsmanagement und digitale Compliance-Tools wie die „Compliance Compass App“ vorsieht. Besonderes Augenmerk gilt der Regulierung von „Related Party Transactions“ zwischen Siemens Healthineers und der Siemens AG (Mehrheitsgesellschafter), die durch digitale Prozesse streng überwacht werden. Zudem stellte Bindl die Herausforderungen durch neue regulatorische Anforderungen vor: den EU-Digital Services Act (DSA), das deutsche DigiG mit erhöhtem Datenschutz und IT-Sicherheitsaudits, die oben bereits erwähnte KI-Verordnung sowie den Data Act, die komplexe Compliance-Aufgaben und zusätzliche Kosten verursachen. Die Cybersecurity-Richtlinie NIS 2 erhöht den Überwachungsaufwand durch unterschiedliche nationale Umsetzungen. Er erläuterte auch die EU-Verordnung zu ausländischen Subventionen, die den europäischen Wettbewerb schützen soll. Siemens Healthineers nutzt ein globales Reporting-System, dass Daten aus über 200 Tochtergesellschaften bündelt und von über 230 Mitarbeitenden betreut wird, um die komplexen Anforderungen zu erfüllen. Christian Bindl verdeutlichte, wie Siemens Healthineers mit innovativen digitalen Lösungen, umfassendem Compliance-Management und juristischer Expertise den vielfältigen Herausforderungen eines globalen Gesundheitskonzerns begegnet – stets mit Blick auf Patientenschutz, rechtliche Sicherheit und Innovationsfähigkeit.
Als krönender Abschluss der Tagung fand eine große Panel-Diskussion zum Thema „Chancen der Digitalisierung“ statt. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Dr. Sara Dietz, LL.M. (Harvard), Mitglied des Monetary Expert Panels im ECON Committee und Rechtsanwältin bei Freshfields Bruckhaus Deringer. Teilnehmende waren Dr. Ulli Spankowski (Co-Founder und CEO von BISON sowie CPO bei der Börse Stuttgart), Dr. Heinrich Nemeczek, LL.M. (Harvard) (General Counsel bei Scalable Capital) und Dr. Nina-Luisa Siedler (Vorstandsmitglied der Interplanetary Database Foundation, INATBA, thinkBLOCKtank sowie Dozentin). Die Diskussion begann mit der Übereinstimmung, dass Digitalisierung unverzichtbar sei, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei wurde betont, dass die zunehmende Bedeutung digitaler Plattformen und sozialer Medien auch höhere Anforderungen an die Mündigkeit der Nutzer stellt. Diese Mündigkeit, also der verantwortungsbewusste und informierte Umgang mit digitalen Technologien, müsse durch Bildung gefördert werden – idealerweise schon in der Schule ab der fünften Klasse, so Dr. Siedler. Ohne ein solches Verständnis drohe, dass Nutzer und Unternehmen in einem zunehmend regulierten Umfeld abgehängt werden. Dr. Spankowski hob hervor, dass Digitalisierung nicht nur Effizienzvorteile bringe, etwa durch den Wegfall von teuren Filialen und Einsparungen durch Homeoffice, sondern auch Kapitalmärkte für eine breitere Bevölkerung zugänglich mache. Gleichzeitig verwies er auf Herausforderungen im Verbraucherschutz, vor allem beim Umgang mit Kryptowährungen. Viele Kunden seien im Umgang mit Wallet-Schlüsseln und Blockchain-Technologien noch „unmündig“. Deshalb sei Aufklärung und Schulung essenziell, um Verluste zu vermeiden und Kunden zu befähigen, sich sicher in digitalen Märkten zu bewegen. Wer Selbstverwahrung wolle, müsse dafür eine entsprechende Mündigkeit zeigen. Eine bloße Verbotsstrategie sei nicht zielführend. Dr. Nemeczek plädierte für eine Harmonisierung der Regulierung im europäischen Binnenmarkt, da uneinheitliche nationale Regeln Wettbewerbsnachteile erzeugten. Viele Mitgliedstaaten würden „ihr eigenes Süppchen kochen“, was einer einheitlichen Marktintegration schade. Dr. Siedler ergänzte, dass eine gemeinsame Sprache und klare Standards unerlässlich seien, um die Umsetzung der EU-Vorgaben vergleichbar und kontrollierbar zu machen.
Die hohen Kosten für Geldwäsche-Compliance im Vereinigten Königreich – geschätzt rund 27 Milliarden Pfund – wurden von Dr. Siedler als Beispiel für die wirtschaftlichen Herausforderungen genannt, die mit regulatorischem Aufwand einhergehen. Die Diskutierenden waren sich einig, dass Regulierung so gestaltet sein müsse, dass sie Innovationen nicht erstickt und bürokratische Hürden minimiert. Sonst bestehe die Gefahr, dass Geschäftsmodelle und Kapital in weniger regulierte Regionen wie die USA abwandern. Regulierungsbehörden müssten stets die Wettbewerbsfähigkeit im Blick behalten und zielgerichtet eingreifen. In der anschließenden Fragerunde wurde etwa diskutiert, ob bei zu geringer Regulierung der Markt nicht kollabiere. Die Antwort lautete, Regulierung sei dort wichtig, wo sie greift, müsse aber zielgerichtet und verhältnismäßig sein, um sowohl Schutz als auch Innovation zu gewährleisten. Auf Nachfrage an Christian Bindl (Siemens Healthineers) zum Thema Wearables stellte dieser klar, dass Siemens Healthineers kein klassisches Endkundengeschäft betreibe und der Umgang mit Wearable-Daten daher komplex und differenziert betrachtet werde.
Der Tag fand seinen Ausklang beim „Speerträger“ bei Wein und Häppchen, wo sich Teilnehmende und Vortragende austauschten und vernetzten.
Fazit: Digitalisierung ist eine der zentralen Herausforderungen und Chancen unserer Zeit. Nur durch frühzeitige Bildung, praxisnahe und harmonisierte Regulierung sowie offenen Austausch kann sie erfolgreich und nachhaltig gestaltet werden. Ein großer Dank gilt dem engagierten Organisationsteam und StartRight für die gelungene Umsetzung der Tagung.
Abschließend gilt unser herzlicher Dank dem gesamten MLTech-Team, das mit großem Einsatz dazu beigetragen hat, diese erfolgreiche Veranstaltung überhaupt erst auf die Beine zu stellen. Ebenso möchten wir uns bei StartRight bedanken. Wie auch der Ministerialdirigent zu Beginn der Tagung betonte, ist es keineswegs selbstverständlich, dass Studierende ehrenamtlich ein derartiges Projekt mit so viel Engagement realisieren. Unser Dank richtet sich auch an die zahlreichen Besucherinnen und Besucher, die durch ihre rege Teilnahme und ihr Interesse entscheidend zum Gelingen der Tagung beigetragen haben. Die lebhaften Diskussionen und der offene Austausch zeigen, wie wichtig und inspirierend solche Veranstaltungen für den Fortschritt im Bereich Digitalisierung und Recht sind.
Über den Autor
Luis Hettrich (luis.hettrich@ml-tech.org) ist ehrenamtlich als Chief Editor bei MLTech tätig und studiert Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Über den Redakteur
Albert Hans Möller (albert.moeller@ml-tech.org) ist ehrenamtlich als Vorstand bei MLTech tätig und studiert Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
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